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Geschichte.HAURÂN. 23. Route. 419

Welche Völker haben hier gesessen und diese Bauten für die Ewig-
keit
errichtet? Sind etwa die 60 festen Städte (S. 417) noch erhalten?
Wetzstein antwortet mit Recht: nein! Seine Hypothese, der auch wir
unsere Anerkennung nicht versagen können, ist die, dass Südaraber sich
hier niedergelassen haben. Wegen der Uebervölkerung des Landes Yemen
wurden südarabische Stämme (Kahtaniden) bald nach Christus (S. 69)
zur theilweisen Auswanderung nach N. gezwungen. Der Character die-
ses
Volkes ist ein anderer als der der nordarabischen Ismaeliten, denn
sie waren an eine feste Regierung gewöhnt, und zogen das Haus dem Zelte
vor. Die einen liessen sich im Haurân, die anderen am mittleren Euphrat
nieder; es entstanden an der Grenze der Wüste jene arabischen Reiche
der Kudaʿiden oder Selihiden im Haurân, der Nasriden in Hîra, die einen
unter römischer, die andern unter persischer Oberhoheit. So bildeten sie
zum Vortheil des pers. und byzant. Reiches einen festen Damm gegen die
Stämme der Wüste. Nach einiger Zeit fand in Folge des Bruches der
Dämme von Marib eine neue Einwanderung, ein Nachschub aus Südarabien
statt; dieser setzte sich nach mehrjährigem Kampfe an die Stelle der Seli-
hiden
. Diese neuen Ankömmlinge, Djefniden oder Ghassaniden, blieben
während fast 500 Jahren das herrschende Volk im Haurân; die Mehrzahl
der Steinbauten stammen von ihnen. Sie zeichneten sich durch den Bau
vieler Klöster aus. Vor allem aber sind die grossartigen Kanäle, durch
welche sie ihre Dörfer mit Wasser versorgten, staunenswerth. Oft kämpften
sie mit ihren jenseit der Wüste ansässigen Nachbarn von Hîra, theils in
eigenen Fehden, theils als Bundesgenossen der Byzantiner; sie setzten
sich auch am Euphrat fest, und besassen einige Zeit hindurch Palmyra.
Als aber die Wanderstämme des inneren Arabiens sich gegen Syrien er-
gossen
, ging das Ghassanidenreich, von den Griechen ungenügend unter-
stützt
, zu Grunde, und der letzte Ghassanidenkönig starb am griechischen
Hofe in Constantinopel. Die Blüthe des Haurân war mit einem Schlage
zu Ende, wenn sich auch vielleicht einige Städte etwas länger hielten.
Aus der muslimischen Periode erfährt man wenig über dieses Gebiet. Nach
arabischen Inschriften scheint der Haurân im 13. Jahrh. wieder zu einer
Art Wohlstand gekommen zu sein, und viele Moscheen wurden damals ge-
baut
. Erst in neuerer Zeit hat der Haurân wieder von sich reden machen,
als Ibrâhîm Pascha im Jahre 1838 vergeblich in das Ledjâ (S.437) einzudrin-
gen
suchte. Er konnte dieses rauhe Lavaplateau (das westliche Trachon)
nicht erobern, ebenso wenig Muhammed Kibrisly Pascha im Jahre 1850.

Die im Haurân angesessenen Araber waren ursprünglich Heiden; sie
verehrten besonders den Dusarâ, welcher mit dem Dionysos zu identifi-
ciren
ist. Früh jedoch nahmen sie das Christenthum an, und zwar wird
aus dem Jahre 180 berichtet, dass schon von einem König ʿAmr I. viele
Klöster gebaut worden seien. Ebenso machte sich römisch-griechische
Cultur bei ihnen geltend. Dies beweisen die zahlreichen griechischen In-
schriften
, welche zwar nicht immer orthographisch richtig geschrieben
sind, aber, wie deutlich aus ihnen hervorgeht, mit der Errichtung der
Bauten gleichzeitig entstanden, nicht erst später hinzugefügt wurden. Die
Hauptstadt des Haurân war Bosra.

Wie das NW.-Gebiet des Haurân, so ist auch der eigentliche Djebel
heute meistens von Beduinen bewohnt. An den Abhängen des Gebirges
hingegen und in der Ebene sitzen die Bauern, der Kern der haurânischen
Bevölkerung. Seit einigen Jahrhunderten haben die Drusen den Haurân
colonisirt, besonders aber haben sich seit 1861 so viele Drusen (S. 105)
aus dem Libanon in den Haurân geflüchtet, dass man das Haurângebirge
wohl auch Drusengebirge nennen hört. Christen (meist griechisch-ortho-
doxe
) sind ebenfalls vertreten. Der Typus des Haurâniers ist eigenthüm-
lich
genug, dass man ihn, ganz abgesehen von allen religiösen Unter-
schieden
, als einheitlichen fassen darf; auch weicht er sehr von dem des
Beduinen ab. Der Haurânbauer ist grösser und kräftiger als der Nomade,
hingegen gleicht er ihm was die Sitten betrifft; auch der Haurânier trägt
als Kopfbedeckung meistens bloss ein Kopftuch (keffîye), wie die Beduinen.
Das Klima der Haurânhochebene, die mehr als 600m über dem Meere
liegt, ist sehr gesund und auch nicht zu heiss, denn jeden Nachmittag